Der Schauprozess im Düsseldorfer Oberlandesgericht um den nach § 129b StGB verfolgten Faruk Ereren wurde am 29. Mai zweifach prägnantes Beispiel der deutschen Gesinnungspolitik.

Am Samstag den 4. Juli trafen sich, vor der Düsseldorfer JVA in der Ulmenstraße, 50 Personen um für die Freilassung von Nuri E. und Faruk E. im Speziellen, aber auch für alle sonstigen politischen Gefangenen zu demonstrieren. Zum Auftakt wurden zwei Redebeiträge auf türkisch sowie auf deutsch gehalten. Danach ging es voller Entschlossenheit vom Eingang zum hinteren Teil der JVA. Auf dem Weg wurden Parolen wie „Es lebe die Freiheit – Yaşasin Özgürlük“ oder „Wir sind alle 129 a und b“ skandiert.

In der vorangegangenen Woche haben sich in der BRD mehrere Zehntausend SchülerInnen, Studierende und andere im Bildungsbereich tätige Menschen an Veranstaltungen und Aktionen für eine grundlegende Alternative zum jetzigen Bildungssystem beteiligt. Den öffentlichkeitswirksamen Kulminationspunkt bildeten hierbei die in insgesamt 80 Städten stattfindenden Demonstrationen, an denen am 17. Juni 2009 fast 250.000 Personen teilnahmen. Den zunehmend auf kapitalistische Verwertung ausgerichteten Prozessen im marktwirtschaftlich konfigurierten Bildungsbereich sollte bundesweit mit massenhaftem und legitimem Protest begegnet werden.

Aber nicht überall konnten die Proteste problemlos, also frei von staatlichen Unterdrückungs- oder Verhinderungsmaßnahmen durchgeführt werden. Vielerorts wurden die Demonstrationen durch massive polizeiliche Auflagen behindert, und es kam zu extremen Einsätzen gegen AktivistInnen: In einer Nürnberger Schule beispielsweise setzte eine Spezialeinheit der Polizei Pfefferspray ein, um Jugendliche am Demonstrieren zu hindern; in Stuttgart wurde eine Bildungsstreikparty gewaltsam aufgelöst; in Hamburg wurden sechs 14-Jährige vorübergehend festgenommen.

Rote Hilfe e.V., Ortsgruppe Hamburg, begrüßt die Kampagne "Grundrechte verteidigen - Gefahrengebiete aufheben!" der Bürgerschaftsfraktion der Partei „Die Linke“ in Hamburg.

Seit Juni 2005 darf die Polizei Hamburg aufgrund ihrer eigenen, selbst erhobenen Daten so genannte „Gefahrengebiete“ einrichten. Diese Gefahrengebiete haben die Aufhebung vieler Grundrechte der Menschen, die sich dort aufhalten, zur Folge.
Es können verdachtsunabhängig die Personalien kontrolliert werden, Durchsuchungen vorgenommen und weiträumige Aufenthaltsverbote ausgesprochen werden. Dies unabhängig davon, ob die betreffenden Personen in dem Viertel wohnen, arbeiten oder sich lediglich als Besucher_innen dort aufhalten.

Am 5. Mai 2009 fanden in Straßburg weitere Prozesse gegen zum Teil schon seit den Anti-NATO-Protesten Anfang April in U-Haft sitzende Aktivisten statt. Während vier französische Gipfelgegner mit einer Bewährungsstrafe rechnen müssen bzw. wegen Formfehlern freigesprochen wurden, wurde gegen einen deutschen Demonstrationsteilnehmer eine sechsmonatige Haftstrafe verhängt.

Hamburger Verfassungsschutz versuchte geheimdienstliche Kontaktaufnahmen in Hamburg und nötigte Asylsuchenden zur Mitarbeit. Ortsgruppe Hamburg der Rote Hilfe e.V. verurteilt die neuerlichen Kontaktaufnahmeversuche des Geheimdienstes.

Für mediale Aufmerksamkeit sorgte eine Meldung, wie sie z.B. in der „Hamburger Morgenpost“ und der „taz“ vom 30.4.2008 zu lesen war. Der Hamburger Verfassungsschutz nötigte offensichtlich einen marokkanischen Asylsuchenden mit dubiosen Versprechungen zur Mitarbeit. Darüber hinaus entwickelt der Inlandsgeheimdienst in den Tagen vor dem ersten Mai weitere Aktivitäten. So wurden in den letzten Tagen mehrere Aktivist_innen aus der linken „Szene“ von einem Mitarbeiter des Landesamtes für Verfassungsschutz angesprochen.

In seinem gestern Morgen verkündeten Urteil zum Berufsverbotsfall Michael Csaszkóczy hat das Landgericht Karlsruhe im hoffentlich nunmehr beendeten Schadensersatzprozess deutlich gemacht, dass das baden-württembergische Kultusministerium hinsichtlich seines Verhaltens gegenüber dem Heidelberger Realschullehrer „schuldhaft“ gehandelt habe und somit zur Wiedergutmachung des entstandenen materiellen Schadens verpflichtet sei. Bereits der Verwaltungsgerichtshof Mannheim hatte die staatliche Repressionsmaßnahme, diesem linken Lehrer wegen seines Engagements in der vom Verfassungsschutz als „linksextremistisch“ eingestuften „Antifaschistischen Initiative Heidelberg“ (AIHD) jahrelang die Ausübung seines Berufes zu verweigern, als grundrechtswidrig verurteilt. Nun hat die für Amtshaftungsklagen zuständige Zweite Zivilkammer des Landgerichts Karlsruhe der an sie gerichteten Klage stattgegeben und ihm 32.777,20 EUR zugesprochen.

Beim grenzüberschreitenden Versuch der staatlichen Repressionsorgane, den NATO-Jubiläums-Gipfel in Strasbourg und Baden-Baden weiträumig und total von den zahlreichen linken KritikerInnen abzuschotten, ist es mehrere Tage lang zur behördlich koordinierten Außerkraftsetzung rechtsstaatlicher Schutzstandards und bürgerlicher Freiheitsrechte gekommen. Bereits im Vorfeld des Anfang April stattfindenden Gipfels wurden bundesweit Meldeauflagen erteilt, Hausdurchsuchungen durchgeführt und vermehrt Anwerbeversuche des Verfassungsschutzes gestartet. Zahllose Aus- und Einreiseverbote, rigide Kontrollen an Raststätten oder Bahnhöfen und permanente Polizeiangriffe auf das Widerstandscamp in Strasbourg sollten dann ein Übriges tun.

Am 19.12.2008 hatte Mumia Abu-Jamals Hauptanwalt Robert R. Bryan beim für höchstinstanzliche Berufungszulassungen zuständigen Obersten Gerichtshof der USA in Washington D.C. den letztmöglichen Antrag für ein neues Verfahren eingereicht. Das war Mumias letzte Initiative, noch jemals auf juristischem Wege frei zukommen. Nun hat dieses Höchste Gericht der USA, der Supreme Court, am 06.04.2009 ohne Begründung bekannt gegeben, dass sie den Antrag Abu-Jamals auf ein neues, faires Verfahren ablehnen.

Wie in unserer gestrigen Presseerklärung „Massive staatliche Repression im Vorfeld des NATO-Gipfels in Strasbourg, Baden-Baden und Kehl“ bereits vermutet, verfolgen die staatlichen Repressionsorgane in Frankreich und Deutschland weiterhin unbeirrt die angeordneten politischen Ziele, die NATO-GipfelteilnehmerInnen weiträumig und total von ihren zahlreichen KritikerInnen abzuschotten, rechtsstaatliche Schutzstandards und bürgerliche Freiheitsrechte weitreichend außer Kraft zu setzen und jeglichen Protest gegen das 60 Jahre alte Militärbündnis bereits im Keim zu ersticken.

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