Am gestrigen Samstag wurde das 6. antirassistische Grenzcamp in Köln von Polizeihundertschaften umstellt und schließlich geräumt. Dabei wurden über 300 Menschen festgenommen. Seit gestern Abend finden im ganzen Bundesgebiet Solidaritäts- und Protestaktionen statt, so auch am Sonntagabend in München.

Gegen acht Uhr fand auf dem Sendlinger Tor Platz eine Solidaritätskundgebung statt. Bei einer kleinen Demonstration durch die Münchner Innenstadt wurde auf Transparenten und Flugblättern gegen den Polizeiüberfall auf das Kölner Grenzcamp protestiert.


Das 6. antirassistische Grenzcamp fand vom 31. Juli bis zum 10. August 2003 in Köln statt. Das Camp war dabei von einem Auftaktforum sowie zahlreichen Aktionen begleitet. In erster Linie richteten sich diese gegen staatlichen und alltäglichen Rassismus, so zum Beispiel gegen Abschiebungen in Folter und Tod und gegen das „Migrationsmanagement“ nach ökonomischen Verwertungskriterien.

In den letzten Tagen war das Camp von zahlreichen Polizeirepressalien begleitet. Immer wieder kam es zu Provokationen. Nach Auskunft der Pressegruppe des Grenzcamps wurde das Camp am Samstag Mittag von Polizeieinheiten eingekesselt – parallel marschierten ca. 40 Neonazis durch den Stadtteil Köln-Poll gegen das Camp. Dabei wurde Tränengas eingesetzt, in Folge wurde für das Wasser des Camps abgestellt sowie alle Telefon- und Internetverbindungen gekappt. Gegen Abend kam es schließlich zur Räumung des Camps, bei dem die über 300 verbliebenen CamperInnen festgenommen wurden. Vorherige Verhandlungsversuche durch RechtsanwältInnen sowie die stellvertretende NRW-Landtagsvorsitzende von Bündnis 90/Grüne Edith Müller verliefen ergebnislos. Alle Festgenommenen wurden erkennungsdienstlich behandelt, und erst im Laufe des Sonntags wieder frei gelassen.

Stimmen zu den Polizeirepressalien:

Gerda Heck, eine der Anmelderinnen: „Der Polizeieinsatz war von Anbeginn unverhältnismäßig. Ständig wurde gefilmt, Hubschrauber kreisten immer in der Luft. Die Polizei hat systematisch nach jedem kleinsten Anlass gesucht, um vor Ort zu provozieren und die Situation zu eskalieren. Letztlich ging es ihnen bei ihrem gestrigen Überfall um die Erfassung der persönlichen und biometrischen Daten (Videoaufnahmen) der CamperInnen. Die antirassistische Bewegung soll kontrolliert und kriminalisiert werden, man will uns in die ‚Chaoten-Ecke‘ drängen.“
Annie Pues, Rechtsanwältin: „Die Rechtfertigung der Polizei für die Einkesselung und Stürmung des gesamten Camps war, potentielle Störer von der gestrigen Nazi-Demo fern zu halten. Die Polizei behauptet, die CamperInnen hätten gegen das Versammlungsgesetz verstoßen. Diese Situation ist jedoch von der Polizei selbst geschaffen worden, als sie die Versammlung, gemeint ist das Grenzcamp, für aufgelöst erklärte.“

[beide Zitate aus einer Veröffentlichung der Pressegruppe des Grenzcamps]

Paula Schreiber, Pressesprecherin der Roten Hilfe München: „Offenbar ging es der Polizei und den verantwortlichen Behörden bei der Stürmung des Grenzcamps neben der Einschüchterung vor allem auch um die Erfassung persönlicher Daten von AktivistInnen. Ähnlich wie auch bei der Erstürmung des Convergence Centers zur Sicherheitskonferenz 2003 in München werden Vorwände („Gefährdung der öffentlichen Sicherheit“) benutzt, um ein breites Bild über die an Protesten beteiligten Personen zu erlangen. Oft genug schon fanden sich die Daten später in einer der zahlreichen europaweiten Polizei- und Geheimdienstdateien wieder, was wiederum zu Reiseverboten, „vorbeugenden“ Gewahrsamnahmen u.a. führen kann. Wir erklären hiermit unsere Solidarität mit den betroffenen AntirassistInnen. Wir fordern die Behörden auf, die angefertigten Daten zu löschen!“

Weitere Informationen

Interview mit dem Ermittlungsausschuss Köln

Paula Schreiber, Pressesprecherin der Roten Hilfe München

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