Am gestrigen Mittwoch sollte im Jugendhaus "Café Central" in Weinheim eine Informationsveranstaltung zu rechten Strukturen in der Region stattfinden. Schon lange vor Beginn des für 19.30 Uhr geplanten Vortrags parkte vor dem Gebäude ein Auto mit mehreren Personen, die von Gästen später als Angehörige des Dezernats Staatsschutz Heidelberg identifiziert wurden.
Etwa 35 BesucherInnen waren schon in dem städtischen Jugendzentrum versammelt, als erste PolizeibeamtInnen eintrafen und sich - begleitet von den Staatschützern - Zugang verschaffen wollten. Eine Diskussion mit dem dort angestellten Sozialarbeiter, der von seinem Hausrecht Gebrauch machen wollte, wurde mit dem Hinweis auf "Gefahr im Verzug", die zunehmend als Rechtfertigung für polizeiliche Willkürmaßnahmen aller Art herhalten muss, abgebrochen. Gäste, die den Veranstaltungsort verlassen wollten, wurden von den staatlichen Repressionsorganen daran gehindert. Inzwischen war Verstärkung eingetroffen, so dass sich nun etwa 40 Einsatzkräfte vor Ort befanden.
Gegen den entschiedenen Protest des zuständigen Sozialarbeiters, der VeranstalterInnen und BesucherInnen drängten sich die PolizeibeamtInnen in das Gebäude und zwangen alle Anwesenden, ihre Personalien abzugeben. Fragen nach der juristischen Grundlage der Maßnahme blieben unbeantwortet, lautstarke Proteste wurden mit einer Festnahme wegen Widerstands gegen die Staatsgewalt bedroht. Alle, die bereits einer Kontrolle unterzogen worden waren, mussten sich bis zum Ende der Razzia in einem gesonderten Raum versammeln.
Als gegen 20.30 Uhr die Einsatzkräfte das Zentrum verließen, konnten die BesucherInnen durch das Fester beobachten, wie die neu gewonnenen Informationen sofort den Staatsschützern übergeben wurden. Danach fand die Veranstaltung mit über einstündiger Verspätung statt.
Als Vorwand gegenüber dem Sozialarbeiter hatte die Polizei eine Auseinandersetzung beim WM-Eröffnungsspiel am vergangenen Freitag in Weinheim angeführt. Nach einer Open-Air-Übertragung des Spiels war ein Linker von rechten Fußballfans mit einer abgeschlagenen Bierflasche verletzt worden.
Tatsächliches Ziel der Razzia im städtischen Jugendzentrum war aber, einen Überblick über die antifaschistische Szene der Region zu gewinnen und die meist jugendlichen BesucherInnen durch politische Unterdrückung von weiter gehendem Interesse an diesem Thema und eigenem Engagement abzuschrecken.
Diese staatliche Repressionsmaßnahme reiht sich ein in einen seit längerem zu beobachtenden Versuch, antifaschistisch gesinnte Menschen in Baden-Württemberg auf Grund fadenscheiniger Anlässe zu kriminalisieren. Ob es sich nun um Personen handelt, die durchgestrichene bzw. zerschlagene Hakenkreuze mit sich führten, die Flugblätter mit dem Hinweis auf antifaschistische Demonstrationen verteilten, die beim Plakatieren von Anti-Nazi-Plakaten erwischt wurden oder einen Plattenversand haben, der auch Antifa-Zeichen vertreibt - immer war das Ziel der Ermittlungsbehörden, antifaschistisches Engagement, das sich außerhalb des parlamentarischen Parteinspektrums bewegt, im Keim zu ersticken.
Wir protestieren entschieden gegen diese skandalöse Kriminalisierung
einer politischen Informationsveranstaltung!
Antifaschismus ist kein Verbrechen!
Rote Hilfe e. V. Ortsgruppe Heidelberg