Am 9. Januar 2006 fand am Amtsgericht Heidelberg ein Prozess gegen einen Antifaschisten statt. Er war angeklagt wegen übler Nachrede und einer Urheberrechtsverletzung. Richterin Peters befand den Angeklagten jedoch nur einer Verletzung des Rechts am eigenen Bild für schuldig und verwarnte ihn mit einer Geldstrafe. Im Laufe der Verhandlung konnte herausgearbeitet werden, dass der Anzeigenerstatter in der Tat enge Kontakte zur Neonazi-Szene pflegt.
Dem angeklagten Antifaschisten wurde vorgeworfen, bei einer so genannten "Outing-Aktion" Plakate verklebt zu haben, von denen einige Exemplare bei einer nächtlichen Personenkontrolle bei ihm gefunden wurden. Auf ihnen wird Matthias Müller, ehemaliges Mitglied der rechtsextremen Heidelberger Burschenschaft Normannia, als Neonazi bezeichnet. Die abgebildeten Fotos zeigen Müller unter anderem bei einem Neonazi-Aufmarsch der NPD am 1. Mai 2005 in Frankenthal. Die Staatsanwaltschaft sah darin einen Verstoß gegen das Recht am eigenen Bild und im Text des Plakates den Tatbestand der üblen Nachrede erfüllt.
Die Verhandlung fand am 9. Januar 2006 am Amtsgericht Heidelberg unter Vorsitz der Richterin Peters statt. Der als Zeuge geladene Polizeibeamte Schmidt konnte durch seine Aussage weder den Tathergang noch die Täterschaft des Angeklagten beweisen. Lediglich anhand von Indizien wie "szenetypischer Kleidung" und dem Ort der Kontrolle versuchte er, eine Täterschaft des Angeklagten zu konstruieren, den er als "politisch motivierten Straftäter" einordnete.
Matthias Müller, der als Zeuge auftrat, konnte zwar nichts zur Erhellung der Tatumstände beitragen, umso mehr Informationen gab er zu seiner eigenen politischen Verortung preis. So gab er nicht nur unumwunden zu, am Neonazi-Aufmarsch in Frankenthal am 1. Mai 2005 teilgenommen zu haben, sondern erklärte sich auf Nachfrage des Verteidigers zudem mit den dort verwendeten Parolen ausdrücklich "solidarisch". Außerdem stellte sich bei seiner Befragung heraus, dass er für längere Zeit Sprecher der schlagenden Verbindung Normannia sowie für die Organisation der so genannten "burschenschaftlichen Abende" verantwortlich war. Referenten bei diesen Vorträgen waren bekannte Rechtsextremisten, Volksverhetzer und sogar Rechtsterroristen.
Zusätzlich erklärte er - wiederum erst auf Nachfrage -, dass er an einer Schulungswoche der sächsischen NPD-Landtagsfraktion im Rahmen der so genannten "Dresdner Schule" teilnahm. Die Präsentation einer Reportage des ZDF-Magazins Frontal21, welche ein Interview zeigt, in dem sich Müller zur Rolle der neonazistischen Skinheads äußert, erübrigte sich schon durch seine Einlassung. Müller, der sich ausdrücklich zu den burschenschaftlichen Werten "Ehre, Freiheit, Vaterland" bekannte, wollte sich aber trotz alledem nicht als Neonazi bezeichnet wissen.
Im Abschlussplädoyer gelang es dem Verteidiger überzeugend darzulegen, dass eine Tatbeteiligung des Angeklagten durch die schwachen Indizien nicht bewiesen werden kann, und dass darüber hinaus die Gesinnung Müllers in der Tat als neonazistisch bezeichnet werden kann und damit durch den Wahrheitsgehalt der beanstandeten Plakate der Tatbestand der üblen Nachrede nicht gegeben ist. Er plädierte auf Freispruch.
Zwar sprach die Richterin den Antifaschisten von eben diesem Vorwurf der Verleumdung los, doch ließ sie es sich nicht nehmen, ein Urteil wegen Verletzung des Urheberrechtes auszusprechen. So wurde der Angeklagte zu einer Geldstrafe von 20 Tagessätze a 10 Euro auf Bewährung zuzüglich einer sofort zu zahlenden Geldbuße von 150 Euro verurteilt. Außerdem hat er die Kosten des Verfahrens und seine Anwaltskosten zu tragen.
Rote Hilfe e. V. Ortsgruppe Heidelberg