Nachdem es in den Jahren 2004 und 2005 in der linken Szene der Rhein-Neckar-Region zu Verfassungsschutz-Anwerbeversuchen im zweistelligen Bereich gekommen war, war es in den letzten zwei Jahren etwas ruhiger um den Inlandsgeheimdienst geworden. Nun ist der VS erneut in Erscheinung getreten.

Am heutigen Montag betraten um 12.45 Uhr drei Männer mittleren Alters den Heidelberger Arbeitsplatz eines langjährigen linksradikalen Aktivisten und forderten ihn unter dem Hinweis, sie seien „von einer Kölner Behörde“, auf, sie vor die Tür zu begleiten. Als der 39-Jährige dies ablehnte und sich nach dem Grund des unerwünschten Besuchs erkundigte, erklärten sie, sie seien ausschließlich an der rechten Szene interessiert. Überhaupt handle es sich nicht um den „üblichen Krempel“, sondern um eine ganz andere Dimension der Informationsvergütung. Die drei Schnüffler, die sich nun per Dienstausweis explizit als Mitarbeiter des Bundesamtes für Verfassungsschutz zu erkennen gaben, boten dem Antifaschisten für kontinuierliche Spitzeltätigkeit 5000 Euro pro Monat an. Daraufhin machte der Heidelberger das in dieser Situation einzig Richtige, indem er das Gespräch beendete und die Geheimdienstler des Raumes verwies. Als der Aktivist ihre Frage, ob es gerade ein ungeschickter Zeitpunkt sei und sie ein andermal wiederkommen sollten, entschieden verneinte, zogen sie kommentarlos ab.

Mit diesem Vorfall hat die Anwerbetätigkeit des Verfassungsschutzes in der Region eine neue Ebene erreicht. Zwar griffen die VSler bei dem Anquatschversuch auf altbekannte Argumentationsmuster zurück, indem sie mit dem Bezug auf die Neonaziszene den „gemeinsamen Feind“ als Anknüpfungspunkt anführten; dies dient stets als billiger Vorwand, um den Anzuwerbenden letzten Endes in Gespräche über linke Strukturen und Aktivitäten zu verwickeln. Auch die Wahl des Arbeitsplatzes als Ort für eine Kontaktaufnahme ist durchaus üblich, obwohl die Spitzel häufiger bei der Meldeadresse auftauchen.
Trotz solcher Ähnlichkeiten zu früheren VS-Besuchen sind im aktuellen Fall einige erhebliche Unterschiede festzustellen: Der Betroffene ist ein seit Jahrzehnten in der linksradikalen Szene verwurzelter Aktivist, während in früheren Jahren oftmals Jugendliche (darunter auch Minderjährige) angesprochen wurden, die sich teilweise erst seit Kurzem politisch engagierten und deshalb wohl vom VS als „ideologisch noch nicht gefestigt“ eingestuft wurden. Zudem waren es heute nicht – wie sonst üblich – Mitarbeiter des Landes-, sondern des Bundesamtes für Verfassungsschutz, die mehrere Hundert Kilometer zurücklegen mussten, um ihre offenbar sorgfältig ausgewählte Zielperson zu erreichen. Im Blickpunkt des Interesses dieser übergeordneten Behörde sind dabei sicherlich weniger lokale Strukturen als vielmehr überregionale politische Zusammenhänge, in die sie über den langjährig aktiven Antifaschisten Einblicke zu gewinnen hofften. Auch die angebotene Summe sprengt alle bisher da gewesenen Spitzel-„Gehälter“, bei denen es sich meistens um irrelevante Beträge oder sogar nur um lächerliche Freikarten für Konzerte handelte.

Damit hat das in Köln ansässige Bundesamt für Verfassungsschutz erstmals seine Aktivitäten in den Heidelberger Raum ausgedehnt. Es ist also zu befürchten, dass wir es künftig mit Geheimdiensten zweier Verwaltungsebenen zu tun haben werden.

Die einzig richtige Reaktion auf Anwerbeversuche – welcher Spitzelbehörde auch immer – kann nur das sofortige Ablehnen jedes Gesprächs sein, denn jede noch so nebensächlich erscheinende Information
kann für VerfassungsschützerInnen und Konsorten ein wichtiger Baustein in ihrem Bild von den politischen Zusammenhängen oder sogar für abenteuerliche Anklagekonstruktionen gegen die/den BetroffeneN und ihr/sein politisches Umfeld sein.

Die Rote Hilfe e. V. Heidelberg protestiert hiermit ausdrücklich gegen die Anwerbeversuche des Geheimdienstes.

Ortsgruppen-Seiten



Umgezogen? Download Änderungsformular

Mitglied werden!

Sonderseiten

beugehaft banner 01

Aussageverweigerung!

Link-Tipp