Am Montag den 24.10.2005 wurde ein Münchener Aktivist vor seiner Wohnung in der Vorstadt von zwei modisch gekleideten Männern um die Dreißig auf seine Mitarbeit in verschiedenen linken Projekten angesprochen.
Die beiden mutmaßlichen Polizisten oder Verfassungsschutzbeamten hatten es nicht nötig sich vorzustellen oder auszuweisen. Sie kamen gleich zur Sache: Man wisse ja dass der Betroffene an sich kein schlechter Mensch sei und man "stehe ja eigentlich auf der selben Seite" war der Tenor ihrer Begrüßung. Dass der Angesprochene einen Vorstrafeneintrag im Bundeszentralregister habe sei auch überaus bedauerlich. Er wisse ja, dass er dadurch in besonderem Maße gefährdet sei, wenn er "zur falschen Zeit am falschen Ort" auftauchen sollte. Man sei gern bereit ihm diesbezüglich "hin und wieder mal einen Tipp zu geben" um dieses Risiko möglichst klein zu halten. Auch was die linken Aktivitäten unseres Freundes anginge "könne man selbstverständlich das ein oder andere Auge zudrücken in Zukunft". Als Gegenleistung würde man gern "ein Gespräch" mit dem Aktivisten über linke Zusammenhänge in München führen.
Der Angesprochene ist mit keinem Wort auf diesen Anwerbungsversuch eingegangen und hat seinen Weg zur S-Bahn fortgesetzt, was die beiden nicht davon abhielt ihn auf dem ganzen Weg dorthin weiter zu bedrängen. Erst zwei S-Bahn-Stationen weiter ließen sie von ihm ab. Es war ihnen wohl mittlerweile zu viel Publikum anwesend.
Diese Vorgehensweise der Polizei bzw. des Landesamtes für Verfassungsschutz ist nicht hinnehmbar. Die traditionsreiche Praxis der Bekämpfung linker und sozialer Bewegungen mit Geheimdienstmethoden muss ein für allemal ein Ende finden. Wir verbitten uns im Namen aller linken Aktivistinnen und Aktivisten Münchens derartige Zudringlichkeiten der bayerischen Repressions- und Spitzelbehörden. Die Ausspitzelung unserer Freundinnen und Freunde ist mit den Lippenbekenntnissen der Regierenden zu Meinungs-, Vereinigungs- und Gewissensfreiheit unvereinbar.
Der Vorfall reiht sich nahtlos ein in eine nicht abreißen wollende Kette von Versuchen die Münchener Linke zu demoralisieren. Erst am 19.10.2005 durchsuchte die bayerische Polizei auf Geheiß der Staatsanwaltschaft München I auf Grund von Naziaussagen mehrere Wohnungen von Münchner Antifaschistinnen und Antifaschisten. Die selbe Staatsanwaltschaft versprach nur wenige Tage später freimütig der Nazibande um Hayo Klettenhofer schon im Voraus Straffreiheit für die für den 9. November 2005 geplante öffentliche Glorifizierung der dunkelbraunsten Kapitel der Münchner Stadtgeschichte.
Die Frage nach der Sehtüchtigkeit der bayerischen Strafverfolger auf dem rechten Auge ist angesichts derartiger Verlautbarungen wirklich nur noch eine rhetorische. Der Lieblingsfeind der bayerischen Behörden ist und bleibt nun einmal die Linke.
Diese Linke lässt sich aber weder durch eingetretene Haustüren noch durch Einladungen zum Kaffee auf dem Weg zur S-Bahn einschüchtern!
Falls weitere Menschen von derart ungewünschten Besuchen betroofen sind, gibt die Rote Hilfe folgende Tipps:
"Solltest Du selbst von den hiesigen Repressionsorganen derart mit Zuckerbrot oder Peitsche bedacht werden melde Dich bitte umgehend bei der Münchner Ortsgruppe der Roten Hilfe. Wir machen Anquatschversuche für Dich öffentlich und stehen Dir mit Rat und Tat zur Seite solltest Du Opfer politischer Repression werden."
Für weitere Fragen steht die Ortsgruppe München der Roten Hilfe jeden Mittwoch von 18.00 bis 19.00 Uhr unter der Telefonnummer 089 4489638 oder direkt in unserem Büro in der Schwanthalerstraße 139 im Westend (80339 München) zur Verfügung.
Rote Hilfe e.V. Ortsgruppe München