Am 08.01.2005 hat sich in der 64.000 Einwohner Stadt Frankfurt (Oder) an der deutsch-polnischen Grenze eine Ortsgruppe der Roten Hilfe gegründet. Erstes Arbeitsfeld der OG ist die derzeitige Repressionssituation vor Ort. Blieb die linke Szene in Frankfurt (Oder) seit längerer Zeit überwiegend von Repressionsmaßnahmen durch staatliche Organe verschont, so regt sich jetzt intensiver Ermittlungseifer. Mehrere Personen sind in das Visier der Staatsschützer geraten. Was diese Menschen verdächtig macht, bleibt ein Geheimnis der Ermittlungsbehörden.
Erste Anzeichen für die verstärkte Repression zeigten sich am Abend des 30. April 2004 als in Frankfurt (Oder) die Feierlichkeiten zur EU-Osterweiterung unter der Teilnahme politischer Würdenträger stattfanden. Abseits der Feierlichkeiten versuchte die Polizei eine umfangreiche Personalienfeststellung durchzuführen. Im weiteren Verlauf des Abends wurden mehrere Linke durch ein Heer Zivilpolizisten observiert. Eine Person wurde über sechs Stunden offen begleitet. Dabei wurden Gespräche mitgehört und Anquatschversuche unternommen. Sogar der Besuch der Toilette durfte nur in Begleitung erfolgen. Die Ermittler ließen erst nachts um 2.00 Uhr auf dem Hinterhof ihres Wohnhauses von ihr ab.
Einige Wochen nach der Personalienfeststellung flogen bei mehreren Personen die ersten Vorladungen zur Zeugenvernehmung und später auch zur Beschuldigtenvernehmung und erkennungsdienstlichen Behandlung ins Haus. So vergeht kaum eine Woche ohne, dass willkürlich ausgesuchte Personen neue Vorladungen oder gar Beschlüsse erhalten. Die Vorwürfe umfassen vorwiegend Sachbeschädigungen im Zeitraum April 2003 bis heute. So haben die Staatsschützer inzwischen mehr als 30 Sachverhalte zusammengetragen, darunter (vermeintlich) politische Sprüherein, Sachbeschädigungen an der örtlichen Ausländerbehörde und an Zeitungsläden und schwere Brandstiftung an Fahrzeugen, so beispielsweise am Pkw des brandenburgischen Wirtschaftsministers Ulrich Junghanns (CDU).
Die Staatsschützer nutzen die Verfahren, um in ihrer Sammelwut alles zu bekommen, was ihnen - ob rechtmäßig oder nicht - in die Finger gelangt. Erkennungsdienstliche Maßnahmen, mit Gewalt durchgesetzte DNA-Entnahmen ohne richterlichen Beschluss gegen den Willen des Betroffenen, Hausdurchsuchungen, umfangreiche Beschlagnahmen. Das Amtsgericht Frankfurt (Oder) musste die Sammelleidenschaft der Staatsschützer bereits bremsen und hat in einem Fall klar festgestellt, dass sowohl die erkennungsdienstliche Behandlung als auch die DNA-Entnahme rechtswidrig waren und obwohl diese Richterliche Bestätigung vorliegt, hat die Staatsanwaltschaft das Ermittlungsverfahren gegen die beiden an der ED-Behandlung beteiligten Polizeibeamten eingestellt. Die Begründung die, die Aussagen der beiden Polizisten zum Hauptinhalt hatte, zielt darauf hin, dass der Betroffene schlichtweg die Unwahrheit erzählt haben soll. Laut Staatsanwaltschaft gäbe es, seitens des Betroffenen, keine ?hinreichende Wiederlegung? der Aussagen der beiden Polizisten und vor allem ?fehlen unabhängige Zeugen zur Sachverhaltsaufklärung?. Das Landgericht Frankfurt (Oder) hatte im Fall einer Hausdurchsuchung, den Staatsschützern, der Staatsanwaltschaft und dem Amtsgericht einen klaren Dämpfer in ihren Ermittlungen verpasst, in dem es deutlich macht, dass ?die Bestätigung der Durchsuchung und die Beschlagnahme nach höchstrichterlicher Rechtssprechung wertlos ist?. Die Beschlüsse zur Durchsuchung und Beschlagnahme wurden vom Landgericht nach einem Widerspruch aufgehoben und die Herausgabe der zahlreichen Gegenstände beschlossen. Mehrere Beschwerden bzw. Verfahren zur Klärung polizeilicher Maßnahmen laufen noch.
Im Fall der schweren Brandstiftung am Pkw des brandenburgischen Wirtschaftsministers ermittelt das Landeskriminalamt Brandenburg. Mehrere Personen wurden mit Zeugenvorladungen behelligt. Wer auf die herzliche Einladung nicht erscheint, dem/der wird durch Besuche und Telefonate zu Hause oder in der Schule Druck gemacht.
Politische Einschätzung:
Die Repression der Verfolgungsorgane hat 2 Strategien:
Zum einen zielt sie auf die größtmögliche Durchleuchtung, Kriminalisierung der ganzen Bewegung und letztendlich die Zerschlagung der radikalen Linken in Frankfurt (Oder). Dies wäre ohne das von den Ermittlungsbehörden aufgebaute Konstrukt einer kriminellen Vereinigung in dieser Form nicht möglich gewesen. Zum zweiten zielt der Staatsschutzangriff offensichtlich auf Abschreckung und Einschüchterung gegenüber alternativen Jugendlichen.
Dabei stellen Hausdurchsuchungen, gewaltsame ED-Behandlungen und Observationen nur den vorläufigen Höhepunkt einer längeren Kampagne von Staatsschutz, Staatanwaltschaft und Gericht dar. Die entstehenden juristischen Möglichkeiten für die Ermittlungsbehörden werden im vollsten Umfang ausgeschöpft.
Ob sie letzten Endes überhaupt eine Anklage zu Stande bringen und mit ihrer waghalsigen Konstruktion durchkommen, ist mehr als fragwürdig und bleibt abzuwarten. Wichtig ist es, diesem Angriff nicht nur juristisch, sondern vor allem politisch zu begegnen!!!
Für die Abschaffung der Gesinnungsjustiz ? Weg mit den §§ 129, 129a & 129b! Linke Politik verteidigen! Solidarität muss praktisch werden! Für die Einstellung aller Verfahren und Ermittlungen in diesem Zusammenhang! Freiheit für unsere politischen Gefangenen!