Die neue Rote Hilfe Zeitung ist erschienen. Schwerpunkt der Ausgabe: Konsequent antifaschistisch.
Ihr könnt die Zeitung im Bahnhofsbuchhandel kaufen oder im Literaturvertrieb bestellen. Mitglieder bekommen die Zeitung zugeschickt.
Außerdem ist sie wie alle Ausgaben seit 3/2011 auch als PDF-Download verfügbar.
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Am kommenden Freitag, 3.11.2023 beginnt vor dem Oberlandesgericht Hamburg der Prozess gegen den kurdischen Aktivisten Kenan Ayaz. Die Bundesanwaltschaft wirft Ayaz vor, zwischen 2018 und 2020 in Hamburg und anderen Gebieten für die PKK gearbeitet zu haben und klagt ihn wegen vermeintlicher Mitgliedschaft in der in Deutschland verbotenen Arbeiterpartei Kurdistans (§ 129b) an. Die konkreten Tatvorwürfe sind die Organisation von Demonstrationen und Versammlungen sowie das Sammeln von Spenden.
"In der Anklageschrift wird Kenan Ayaz nichts anderes vorgeworfen, als Mitglied der PKK zu sein. Insbesondere werden ihm keine Gewalttaten oder die Beteiligung an PKK-Anschlägen vorgeworfen", forderte die Verteidigung von Ayaz bereits vor einigen Wochen die Einstellung des Verfahrens gegen ihn. In ihrer Anklage stützt sich die Bundesanwaltschaft im Wesentlichen auf unbelegte Informationen des deutschen Geheimdienstes, Vermutungen und Textnachrichten, die sich nach der Lesart der Staatsanwaltschaft auf die Teilnahme an Demonstrationen, Versammlungen und das Sammeln von Spenden beziehen.
Ayaz wurde in der Türkei bereits im Alter von 19 Jahren willkürlich festgenommen, zwölf Jahre inhaftiert und erlitt Folter. Nach seiner Freilassung konnte er die Türkei verlassen und lebte seit 2013 als anerkannter politischer Flüchtling im griechischen Teil Zyperns. Mitte März 2023 wurde Ayaz am Flughafen von Larnaka aufgrund eines Auslieferungsersuchens aus Deutschland festgenommen, als er zu einem Familienbesuch nach Schweden reisen wollte. Anfang Juni wurde er trotz Protesten auf Zypern an Deutschland ausgeliefert und befindet sich seitdem in Hamburg in Untersuchungshaft. Dort galten für ihn lange verschärfte Haftbedingungen. Er musste 23 Stunden in einer Einzelzelle verbringen und auch den einstündigen Hofgang alleine und in Isolation verbringen.
Laut Informationen des Rechtshilfefonds Azadî e.V. befindet sich der in der JVA Stammheim inhaftierte politische Gefangene Mazlum Dora weiterhin im Hungerstreik, den er am 22. September gegen seine Haftbedingungen begonnen hatte.
Der kurdische Aktivist und Musikkünstler hat stark abgenommen und befindet sich in einem sehr ernsten Gesundheitszustand.
Mazlum Dora war Ende April dieses Jahres vom Oberlandesgericht Stuttgart wegen Mitgliedschaft in der PKK nach dem politischen Gesinnungsparagrafen 129 b StGB zu einer Gefängnisstrafe von drei Jahren und drei Monaten verurteilt worden. Seine Festnahme im Mai 2021war kurz nach einem Deutschland-Besuch des damaligen türkischen Außenministers Mevlüt Çavuşoğlu erfolgt.
Mit seinem Hungerstreik protestiert Mazlum Dora seit nunmehr fünfeinhalb Wochen gegen die Auslegung seiner politischen und kulturellen Aktivitäten als Straftat nach §129b, gegen seine entwürdigende Behandlung, gegen die Repression kurdischer Einrichtungen und gegen die Misshandlung kurdischer politischer Gefangener.
Aktuell laufen mehrere Gerichtsverfahren gegen Aktivist*innen der Klimagerechtigkeitsbewegung, denen vorgeworfen wird, an einer Blockade des Kohlekraftwerks Neurath in Nordrhein-Westfalen im November 2021 beteiligt gewesen zu sein. Im ersten Prozess vor dem Amtsgericht Grevenbroich hatte die Richterin am 3. April 2023 ein drakonisches Urteil verkündet, indem sie neun Monate Haft ohne Bewährung verhängte. Am 27. Oktober 2023 findet der Berufungsprozess vor dem Landgericht Mönchengladbach statt.
Am 5. November 2021 hatten rund 40 Klimagerechtigkeitsaktivist*innen mit einer Blockade auf den Gleisen zum Kraftwerk Neurath über 14 Stunden lang die Kohlezufuhr verhindert. Die Polizei ging bei der Räumung der „BlockNeurath“-Aktion äußerst brutal vor und verweigerte Verletzten eine angemessene medizinische Versorgung. Tagelang wurden zehn Kohlekraftgegner*innen unter schikanösen Bedingungen in der Polizeistation in Gewahrsam gehalten, um sie zur Preisgabe ihrer Identität zu zwingen.
Als Rote Hilfe kämpfen wir für den Erhalt und Ausbau der Grund- und Freiheitsrechte. Diese werden derzeit besonders durch die Entrechtung geflüchteter Menschen angegriffen. Vor diesem Hintergrund wurde von einer unserer Ortsgruppen eine Spendenkampagne unterstützt. Ein Aktivist, der auch bei Samidoun aktiv ist, ist seit einigen Wochen aufgrund seiner politischen Betätigung von der Ausweisung bedroht und bat die Rote Hilfe um diese Unterstützung. An seiner individuellen Bedrohungslage als Geflüchteter und Schutzbedürftiger als palästinensicher Syrer hat sich nichts geändert. Solidarität heißt für uns, dass keine Person wegen ihrer politischen Aktivitäten seine individuellen Grundrechte verlieren darf. Doch selbstverständlich gibt es auch bei uns Grenzen der Solidarität, wenn linke Grundprinzipien verletzt werden. Die Prinzipien, die uns dabei in unserer politischen und finanziellen Solidarität leiten sind: Das Eintreten für die Ziele der Arbeiter*innenbewegung, die internationale Solidarität, der antifaschistische, antisexistische, antirassistische, demokratische und gewerkschaftliche Kampf sowie der Kampf gegen Antisemitismus, Militarismus und Krieg. Diese Prinzipien definieren auch unsere Grenzen.
Samidoun hat diese eindeutig verletzt. Daher erklären wir die Unterstützung der Kampagne mit sofortiger Wirkung für beendet. Dies beinhaltet auch die Nutzung eines Spendenkontos für die genannte Kampagne.
Erklärung zum Buvo-Statement vom 11.10.23
Der Bundesvorstand der Roten Hilfe hat am 11.10.23 mitgeteilt, die Kampagne zur Unterstützung für Zaid Abdulnasser zu beenden. Gegenstand der Kampagne war die drohende Ausweisung von Zaid, dem Sprecher des Netzwerkes Samidoun. Wir haben ausschließlich dieser konkreten Kampagne und dem Netzwerk die Solidarität entzogen, nicht aber grundsätzlich der linken Palästina-Solidarität. Diese Unterscheidung ist uns wichtig.
In den frühen Morgenstunden des 11.10.2023 wurden sechs Durchsuchungsbeschlüsse gegen Nürnberger Antifaschist*innen vollstreckt. Die Beschlüsse wurden auf Antrag der Generalstaatsanwaltschaft München durch das Amtsgericht München erlassen.
Insgesamt wurden fast zeitgleich vier Wohnungen im Stadtgebiet von Einheiten des sog. Unterstützungskommando (USK) durchsucht. Auf der Suche nach „umfangreichem Beweismaterial“ wurden insbesondere Mobiltelefone und sonstige Datenträger und Unterlagen sichergestellt. Zudem wurden Menschen, die sich vor Ort solidarisch mit den Betroffenen zeigten, teilweise mit Platzverweisen belegt.
Nachdem Ende Mai die Urteile gegen Lina E. und drei weitere Antifaschist*innen gesprochen wurden und sie zu mehrjährigen Haftstrafen verurteilt wurden, die noch nicht rechtskräftig sind, macht die Bundesanwaltschaft ihre Drohung wahr: Aktuell wird nach Johann G. eine Öffentlichkeitsfahndung gestartet. Auf der Webseite des BKA ist sein Foto zu sehen und entsprechende Plakate sollen nach Medienberichten an öffentlichen Plätzen wie Bahnhöfen ausgehängt werden.
Der Aktivist soll ebenfalls einer konstruierten sog. „kriminellen Vereinigung“ angehören und sich an Angriffen gegen militante Neonazis beteiligt haben.
Die Nürnberger Psychiaterin und politische Aktivistin Banu Büyukavci wurde im Juli 2020 wegen der „Mitgliedschaft in einer ausländischen terroristischen Vereinigung“ nach dem umstrittenen Gesinnungsparagrafen 129b StGb verurteilt.
Über drei Jahre nach Ende des sich über Jahre hinziehenden Münchner Kommunistenprozesses gegen Mitglieder der TKP/ML droht Banu Büyükavci erneut die Ausweisung, welche vom „Landesamt für Asyl und Rückführungen“ (LfAR) erteilt wurde.
Der erste Versuch vor zwei Jahren konnte durch eine große Öffentlichkeitkampagne verhindert werden.
Banu Büyükavci hat nun gegen den skandalösen Ausweisungsbescheid Klage eingereicht. Dennoch weiß sie, wie mühsam der Kampf sein wird. Es ist möglich, dass die institutionelle Verfolgung niemals ein Ende nimmt und immer wieder ihr Bleiberecht infrage gestellt wird, weil es in der Hand deutscher Behörden liegt. Würde sie politisches Asyl in der BRD beantragen, bestünde die Gefahr, dass die Drangsalierungen durch die bundesdeutsche Verwaltung fortgesetzt werden und ihre Rechte immer wieder mit Füßen getreten werden, um das Verhältnis der BRD zum Erdogan-Regime politisch nicht zu gefährden. Entsprechende Befürchtungen teilte sie auf einer Veranstaltung in Nürnberg, wo sie das Buch „Meine Zelle war ein großer Garten - Der Fall der türkischen Ärztin und Kommunistin Banu Büyükavci“ vorstellte.
Im Nachgang einer Blockade des Kohlekraftwerks Neurath im November 2021 laufen mehrere Gerichtsverfahren gegen Aktivist*innen. Nachdem im ersten Prozess eine Haftstrafe ohne Bewährung verhängt wurde, sind für die anderen Angeklagten ebenfalls klare Gesinnungsurteile zu erwarten. Die dritte Kohlekraftgegnerin steht ab 25. September 2023 vor dem Amtsgericht Grevenbroich.
Am 5. November 2021 hatten rund 40 Klimagerechtigkeitsaktivist*innen die Gleise zum Kraftwerk Neurath in Nordrhein-Westfalen blockiert und über 14 Stunden hinweg die Kohlezufuhr verhindert. Schon die Räumung der Aktion verlief äußerst brutal: Einen der Menschen, die sich im Gleisbett einbetoniert hatten, verletzten die Einsatzkräfte durch ihr rücksichtsloses Vorgehen und verweigerten eine angemessene medizinische Versorgung. Die Polizei wandte den als „Lex Hambi“ berüchtigten neuen Passus im Landespolizeigesetz an und nahm zehn Blockierer*innen tagelang in Gewahrsam, um sie zur Preisgabe ihrer Identität zu zwingen. Acht der Kohlekraftgegner*innen saßen eine ganze Woche unter schikanösen Bedingungen in den Zellen der Polizeistation.
Der vierte Tag der Hauptverhandlung im aktuellen DHKP-C- Verfahren vor dem Düsseldorfer Oberlandesgericht (OLG) endete mit der polizeilichen Räumung des Gerichtssaales durch den vorsitzenden Richter Bachler. Dies wurde begründet mit der Verlesung einer politischen Erklärung durch die Prozessbeobachterin Eda Deniz Haydaroğlu, die sich zu diesem Zeitpunkt seit 117 Tagen im Hungerstreik befand. Die Verhandlung wurde daraufhin unterbrochen. Die 22-jährige Aktivistin bezeichnete in ihrer Erklärung das Verfahren als politischen Prozess und den Paragrafen 129b als Deckmantel für Willkür und Angriff auf demokratische Rechte. Sie forderte einen fairen Prozess, der mit der Einstellung des Verfahrens gegen Özgül Emre, Ihsan Cibelik und Serkan Küpeli enden müsse. Den drei linken Aktivist*innen wird vorgeworfen, das sogenannte Deutschland-Komitee der DHKP-C gebildet zu haben und daher Mitglieder einer „ausländischen terroristischen Vereinigung“ nach Paragraf 129b zu sein.
Was überall nachwächst, kann nicht aufgelöst werden!
Die Macron-Regierung hat gerade einen beispiellosen Schritt zur Unterdrückung der sozialen und ökologischen Bewegung unternommen. Am 21. Juni verfügte die Regierung die Auflösung der Bewegung „Soulèvements de la Terre“ (Aufstände der Erde), die aus mehr als 140.000 Unterstützer*innen und über 150 lokalen Komitees besteht. Das Verbotsverfahren ging mit zwei beispiellosen Verhaftungswellen von mehreren Dutzend Umweltaktivist*innen in ganz Frankreich am 5. und 20. Juni einher. Der Einsatz der Terror-Abwehr-Abteilung (SDAT) führte bisher zu zwei Inhaftierungen, der massive Polizeieinsatz gegen die Bewegung führte in den letzten Monaten zu mehreren Dutzend Schwerverletzten bei Demonstrationen.